Trauma – eine seelische Verletzung

Definition, Ursachen, Symptome und Therapie eines Traumas

Befinden sich Menschen durch Naturkatastrophen oder ähnliche Ereignisse in psychischen Ausnahmesituationen, wird häufig ein Trauma ausgelöst. In der Medizin spricht man bei einem Trauma nicht nur von seelischen Verletzungen, sondern auch von physischen. Werden seelische Traumata nicht behandelt, können sie zu Traumafolgestörungen wie Anpassungsstörungen und PTBS führen und Betroffenen das Leben erschweren und es einschränken. Doch welche Bedeutung hat ein Trauma für die Psyche und wie genau entsteht ein traumatisches Erlebnis? In diesem Ratgeber erfahren Sie, wie sich Traumata äußern und welche Möglichkeiten es zur Behandlung gibt.

Trauma: Was ist das?

Ein seelisches Trauma ist die Reaktion eines Menschen auf überwältigende Ereignisse wie Gewalt, Krieg, Naturkatastrophen oder Unfälle. Diese Erlebnisse können eine Bedrohung für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit für Betroffene oder nahestehende Personen darstellen.

Ein Erlebnis wirkt dann traumatisierend, wenn die Situation mit den eigenen Möglichkeiten nicht bewältigt werden kann und Betroffene damit überfordert sind. Dadurch entsteht eine hohe seelische Belastung, das Gefühl von Hilflosigkeit, Angst und Entsetzen.

Belastende Erlebnisse und die Reaktionen darauf müssen jedoch nicht immer zu einer psychischen Erkrankung führen. Dies hängt von der jeweiligen Person, ihren Erfahrungen und den Umständen ab. Was die einen als traumatisch empfinden, ist für andere normal – wie etwa bei Rettungskräften, die häufig schwer verletzte Menschen sehen. Ein starkes soziales Umfeld und Unterstützung können Einfluss darauf haben, ob eine psychische Erkrankung als Traumafolgestörung entsteht. Traumata können eine starke und langanhaltende Belastung für Betroffene zur Folge haben.

Was passiert bei einem Trauma?

Ein Trauma verursacht bei Betroffenen eine Stress- und Belastungsreaktion und versetzt den Organismus in Alarmbereitschaft. Stresshormone wie Adrenalin und Noradrenalin werden ausgeschüttet, was die Zusammenarbeit unterschiedlicher Hirnareale behindert. Die Folgen eines Traumas können eine akute Stressreaktion oder posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) sein.

Welche Ursachen gibt es für seelische Traumata?

Die Ursache eines Traumas ist immer ein schreckliches oder überwältigendes Erlebnis, das Betroffene in ihrer Hilflosigkeit nicht verarbeiten können. Weitere Einflüsse, die die Entstehung von Traumata bewirken können, sind individuelle Lebenssituationen und ihre Umstände. Auch biologische, psychische und soziale Faktoren spielen dabei eine Rolle.

Gewalt, die beispielsweise von einer nahestehenden Person zugefügt wird, stellt einen massiven Vertrauensbruch dar und hinterlässt daher besonders tiefe seelische Verletzungen. Leiden Betroffene bereits an psychischen Störungen oder Erkrankungen wie etwa an einer Angststörung oder an psychischen Traumata, insbesondere aus der Kindheit, ist das Risiko höher, an einer Traumafolgestörung zu erkranken. Laut unterschiedlichen Untersuchungen können Einflüsse vor und rund um die Geburt sowie spätere Erfahrungen auf genetische Faktoren einwirken, was man als Epigenetik bezeichnet. Dies könnte eine Erklärung für das Leiden an Traumata über mehrere Generationen hinweg sein.

Eine Übersicht der Ursachen und Risikofaktoren von Traumata:

  • hohe wahrgenommene Bedrohung
  • körperliche Verletzungen oder Schmerzen
  • fehlende soziale Unterstützung
  • biologische Faktoren
  • psychische Vorerkrankungen oder bereits vorliegende Störungen

 

Eine Therapeutin spricht mit einem kleinen Jungen, um herauszufinden, ob er an einem Trauma leidet.

Welche Symptome deuten auf ein Trauma hin?

Zu den häufigsten Anzeichen eines Traumas gehören:

  • Wiedererleben durch Flashbacks und Albträume
  • Übererregtheit, Nervosität, Schreckhaftigkeit und Schlaflosigkeit
  • Ungeduld, schlechte Laune und Reizbarkeit
  • Vermeidungsverhalten, emotionale Taubheit, Apathie, Zurückgezogenheit
  • Misstrauen, Gefühle von Scham und Schuld, vermindertes Selbstwertgefühl
  • Trauer, Hoffnungslosigkeit, negative Gedanken

Jeder Mensch reagiert anders auf belastende Ereignisse. Mögliche Reaktionen während des Erlebnisses können Ängste, Hilflosigkeit und Entsetzen sein. Einige Menschen haben ein Gefühl der Betäubung, Verwirrtheit und dem Abgeschnittensein von sich selbst, ihrer Umwelt oder anderen.

Auch nach dem außergewöhnlich belastenden Ereignis ist es normal, negative Gefühle, Gedanken, körperliche Empfindungen und ein Vermeidungsverhalten zu haben. Beim Anhalten dieser Gefühle können weitere Anzeichen für ein Trauma hinzukommen. Der Organismus befindet sich immer noch im Alarmierungszustand, was zu Schlaflosigkeit, innerer Unruhe und Schreckhaftigkeit führen kann. Neben Niedergeschlagenheit können Schuldgefühle, Ärger und Selbstvorwürfe hinzukommen. Betroffenen fällt es in solch einer Situation schwer, das Trauma zu verarbeiten. In den meisten Fällen verschwinden die Reaktionen auf das jeweilige Trauma nach wenigen Stunden oder Tagen.

 

Welche Folgen hat ein Trauma?

Kann ein Mensch ein Trauma nicht verarbeiten, kann eine psychische Erkrankung, eine sogenannte Traumafolgestörung, die Folge sein. Dazu zählen beispielsweise Depression, Suchterkrankungen, Angststörungen, posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS), Anpassungsstörungen, akute Belastungsreaktionen sowie somatoforme oder dissoziative Störungen.

Menschen, die auch noch Jahre oder Jahrzehnte Einschränkungen nach einem Trauma haben, weisen eine tiefgreifende Störung auf. Beispiele dieser Störungen nach einem Trauma sind dauerhaft starke Probleme im Umgang mit anderen Menschen und auch mit eigenen Gefühlen, sodass häufig eine sehr negative Eigensichtweise entsteht.

Diese Möglichkeiten zur Behandlung von Traumata gibt es

Die Grafik zeigt eine Therapeutin während einer Sitzung mit einer Patientin, die ein Trauma bewältigen möchte.

Bevor es nach einem Trauma zu Traumafolgestörungen kommen kann, benötigen Betroffene direkt nach dem Erleben eines Traumas sowohl professionelle Hilfe als auch Unterstützung nahestehender Personen bei der Bewältigung, die auf die Bedürfnisse der Betroffenen zugeschnitten sind. Sollten sich dennoch Traumafolgestörungen entwickeln, stehen folgende Therapiemöglichkeiten zur Verfügung:

  • Kognitive Verhaltenstherapie
  • EMDR (Augenbewegungs- und Desensibilisierung und Wiederverarbeitung)
  • Somatic Experiencing
  • Schonende Traumatherapie
  • Psychodynamische Psychotherapie
  • Imagery Rescripting
  • Narrative Konfrontation
  • Life Review-Technik (bei älteren Betroffenen)
  • Gestalttherapie

Das Ziel der unterschiedlichen Therapieansätze ist immer das erneute Durchleben der hauptsächlichen Erlebnisse des Traumas. Dabei wird das Vorgehen an die Schwere und Art des Traumas, den Symptomen und dem Vorliegen weiterer psychischer Erkrankungen angepasst.

 

Kognitive Verhaltenstherapie:

Bei dieser Therapieform besteht das Ziel darin, die durch das Trauma entstandenen Denk- und Verhaltensmuster zu verändern. Therapeutinnen und Therapeuten erarbeiten mit den Betroffenen ein individuelles Störungsmodell, das verändert werden soll. Dabei planen sie gemeinsam die Therapiestunden und gehen strukturiert vor. Zwischen den Sitzungen müssen die Betroffenen Hausaufgaben erledigen.

EMDR:

EMDR steht für Eye Movement Desensitization and Reprocessing und wird häufig in Kombination mit der kognitiven Verhaltenstherapie oder der psychodynamischen Therapie angewandt. Bei der EMDR-Methode basiert auf dem sich immer wieder Erinnern an das traumatische Erlebnis. Dabei sollen Patientinnen und Patienten ihre Gefühle, Gedanken und Körperempfindungen wahrnehmen. In diesem Moment bewegt die Therapeutin bzw. der Therapeut einen Finger schnell hin und her, dem Betroffene mit den Augen folgen sollen. Das sich Erinnern wird so oft wiederholt, bis die negativen Gefühle deutlich abgenommen haben.

Somatic Experiencing:

Beim Somatic Experiencing wird hauptsächlich mit den körperlichen Prozessen gearbeitet. Die Reaktionen auf ein Trauma wie zum Beispiel Erstarrung und Lähmung werden aufgegriffen und durch neue Reaktionen wie Lebendigkeit ersetzt, sodass sich Betroffene wieder in der Lage fühlen, neue Möglichkeiten wahrzunehmen.

Schonende Traumatherapie:

Bei dieser Therapie werden Patientinnen und Patienten mit ihren traumatisierenden Erfahrungen konfrontiert. Allerdings soll die Belastung der Erinnerungen möglichst gering gehalten werden. Dabei können Betroffene mit unterschiedlichen Techniken eine gewisse Distanz zu den belastenden Erlebnissen beibehalten. So werden sie emotional weniger stark belastet und können hilfreiche und unterstützende Vorstellungen aktivieren. Betroffene können damit nicht nur das Trauma verarbeiten, sondern sich auch einen positiven Ausgang des Ereignisses vorstellen.

Psychodynamische Psychotherapie:

Die psychodynamische Psychotherapie hat das Ziel, unbewusste Wirkungen des Traumas, die beispielsweise die persönlichen Werte einer Person verändert haben, herauszufinden und diese zu behandeln. Die Therapeutin bzw. der Therapeut versucht, die Gefühle und Verhaltensweisen der Betroffenen zu verstehen und geht auf sie wertschätzend und unterstützend ein.

Imagery Rescripting:

Zur Behandlung von sexuellen Traumatisierungen in der Kindheit wird häufig Imagery Rescripting angewandt. Dabei entwickeln Betroffene Vorstellungsbilder, die auf die traumatischen Erfahrungen beruhigend wirken. So werden die PTBS-Symptome verringert und neue positive Bilder zu schaffen. Betroffene lernen anfänglich, sich die eigene Person einmal als Kind und einmal als erwachsene Person vorzustellen. Anschließend findet eine Konfrontation beider Personen statt. So können Patientinnen und Patienten sich vorstellen, wie sie im Erwachsenenalter auf das Verhalten des Täters oder der Täterin reagiert hätten. Zudem helfen sie ihrer Kind-Persönlichkeit, sich aus der Missbrauchssituation zu befreien und Trost sowie Unterstützung zu spenden.

Narrative Konfrontation:

Diese Therapieform wird häufig in Kombination mit weiteren umfangreicheren Therapien eingesetzt. Dabei sollen die getrennten Elemente eines Traumas zu einer Geschichte zusammengefügt und in die eigene Lebensgeschichte einbezogen werden. Betroffene halten ihre traumatischen Erfahrungen schriftlich fest und beschreiben dort ihre Gefühle und Gedanken. In diesem Zuge finden sie häufig einen Sinn oder eine Bedeutung in ihrem Trauma.

Life Review-Technik:

Ähnlich zur narrativen Konfrontation ist die Life Review-Technik, bei der Betroffene rückblickend auf ihr Leben eine Bilanz aus positiven und negativen Erinnerungen ziehen. Ziel der Technik ist, die Dominanz der Erinnerungen an das Trauma zu mindern und es verarbeiten zu können. Betroffene müssen erstmal das Trauma und ihre Erinnerungen erkennen und identifizieren und diese schließlich in einer Geschichte festhalten. Zudem werden Betroffene in ihren Stärken und Bewältigungsstrategien gestärkt. Ihnen wird außerdem eine neue Sichtweise auf das Trauma ermöglicht, in der ein Sinn gefunden werden kann.

Gestalttherapie:

Die Gestalttherapie zielt auf den Einfluss zwischen Körper, Geist, Seele und sozialem Umfeld ab. Ein wichtiger Faktor ist hierbei die sogenannte Kontaktgrenze. Es kann vorkommen, dass Betroffene diese Kontaktgrenze nicht mehr spüren und natürliche Bedürfnisse unterdrücken. Das kann zu problematischen Verhaltensweisen und psychischen Problemen führen. So kann beispielsweise eine Person nach sexuellem Missbrauch auch die körperliche Nähe zu anderen ihr nahestehenden Personen als unangenehm empfinden und diese verweigern. Betroffene müssen in solchen Fällen lernen, eigene Bedürfnisse zu erkennen und Grenzen zu setzen.

Umfassende Behandlung von Traumata in den Kliniken der St. Augustinus Gruppe

Die Kliniken der St. Augustinus Gruppe bieten eine umfassende und spezialisierte Behandlung von seelischen Traumata. Im Fachbereich Psychiatrie arbeiten Therapeutinnen und Therapeuten sowie Fachärztinnen und Fachärzte häufig eng mit der Neurologie zusammen, um je nach Krankheitsbild eine optimale Behandlung anbieten zu können. Unser vielfältiges psychotherapeutisches Angebot umfasst Einzel-, Gruppen- und Familientherapien, dialektisch behaviorale Therapien (DBT) sowie psychosoziale Beratung. Durch individuell abgestimmte Therapiepläne, die auf die Schwere des Traumas sowie die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten eingehen, bieten wir eine ganzheitliche Betreuung, die unseren Patientinnen und Patienten Besserung verschafft.

Die Grafik zeigt einen Arzt, der eine Betroffene zur Behandlung ihres Traumas berät.

Kliniken der St. Augustinus Gruppe mit Schwerpunkt Psychiatrie

Wir beantworten Ihre Fragen zum Thema Trauma

FAQ

Was gibt es für Arten von Trauma?

Die Medizin definiert ein Trauma als eine Verletzung. Ein Trauma kann je nach Ursachen unterschieden werden. Traumata können durch psychische, physikalische, mechanische oder chemische Einwirkungen entstehen.

Wie äußert sich ein verdrängtes Trauma?

Ein verdrängtes Trauma kann man an folgenden Symptomen erkennen:

  • anhaltende Angstgefühle
  • Reizbarkeit
  • allgemeine Überempfindlichkeit
  • Erschöpfung
  • Schlafstörungen
  • chronische Schmerzen

Es ist häufig schwierig, ein verdrängtes Trauma zu erkennen, da die Symptome nicht immer direkt nach dem traumatischen Ereignis auftreten. Angst- und Panikattacken äußern sich nicht selten scheinbar grundlos und beeinträchtigen die Lebensqualität der Betroffenen. Langfristig kann ein verdrängtes Trauma zu Traumafolgestörungen wie Depression oder posttraumatischer Belastungsstörung führen.

Was passiert, wenn ein Trauma nicht behandelt wird?

Wird ein Trauma nicht behandelt, befindet sich das Gehirn in ständiger Alarmbereitschaft, um einen aktiven Schutz gegen ein weiteres Trauma zu bieten. Zu den Folgen gehören Schlaflosigkeit und Schlafstörungen sowie Konzentrationsschwierigkeiten. Durch starke Alpträume und unruhigen Schlaf können Betroffene zudem nicht zur Ruhe kommen, was der Verarbeitung des Traumas schadet.

Wie lange dauert die Heilung eines Traumas?

Wie lange ein Mensch zur Heilung eines Traumas benötigt, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab wie der Schwere und Art des Traumas, der sozialen Unterstützung und von den bisherigen Erfahrungen der jeweiligen Person. Im besten Fall können sich Betroffene bereits nach zwei bis vier Wochen von ihrem Trauma erholen.

Kann man ein Trauma haben, ohne es zu wissen?

Durch Gedächtnisverlust oder Verdrängung kann es zu einem Trauma kommen, ohne dass es der betroffenen Person bewusst ist. Dabei werden die traumatischen Ereignisse am falschen Ort im Gehirn abgespeichert und durch Auslöser hervorgebracht. Mit EMDR kann therapeutisch Hilfe erfolgen.

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